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Die Ostsee-Tour mit insgesamt 1.215 Kilometern in acht Etappen war der Ersatz für die auf September verschobene Tour Transalp. Seit einer Weile schon hatte ich die Idee im Kopf, von Dresden aus über Stettin nach Usedom zu fahren. Da eine Reise über Polen mir aufgrund der Corona-Lage zu unsicher erschien und eine Woche Zeit war, wurde daraus eine ähnliche Tour: Über den Oder-Neiße-Radweg nach Stralsund und an der Küste entlang weiter bis nach Hamburg. Den geplanten Rückweg die Elbe entlang von Hamburg nach Dresden habe ich kurzfristig gestrichen. Stattdessen habe ich Lübeck eingeplant und den Sonntag zu hause verbracht.
Tag 1: Über den Oder-Neiße-Radweg von Dresden nach Eisenhüttenstadt
Meine letzte Tour lag schon eine Weile zurück. Also war ich aufgeregt als es mit kleinem Gepäck losging. Die Abfahrt verzögerte sich. Dann hatte ich die Trinkflaschen vergessen.
Es war heiß. Und an die plötzliche Hitze war ich nicht mehr und noch nicht wieder gewöhnt. Es war so als ob man im Sommer z.B. in die Türkei fährt und direkt nach der Ankunft auf eine 200 Kilometer lange Tour geht. Dann ist das größte Problem nicht die Strecke sonder die Hitze. Essen konnte ich den Tag über praktisch nichts. Es ging kein Bissen runter. Trinken konnte ich dagegen nicht genug. Nach einer Weile half aber nicht einmal mehr Wasser. Der Körper konnte es nicht mehr verarbeiten. Völlig ausgelaugt kam ich recht spät in Eisenhüttenstadt nach ungefähr 210 gefahrenen Kilometern an.
Highlights des Tages waren der Bärwalder See und vor allem Park und Schloss in Bad Muskau. Auch Eisenhüttenstadt war eine schöne Überraschung.
Tag 2: Auf dem Oder-Neiße-Radweg nach Gartz an der Oder
Der komplette zweite Tag führte entlang des Oder-Neiße-Radweges. Immer geradeaus, immer in der Sonne. Aber immerhin mit Rückenwind. Mit der Hitze konnte ich schon besser umgehen als am Tag zuvor. Kein Baum, kein Strauch, kein Schutz vor der Hitze. Keine Bank zum ausruhen, keine Möglichkeit, Getränke zu fassen. Die Beine mit dem viel zu warmen Wasser aus den Trinkfalschen „kühlen“ half immer mal wieder einen Moment lang. Tankstellen in der Nähe der Strecke finden. Aber wo? Einmal fuhr ich über der Grenze zur nächsten Tankstelle in Küstrin in Polen.
Nie hätte ich freiwillig in einem Fluß gebadet. Nachdem ich die ersten Badenden gesehen hatte war der Drang groß. Die Oder war grün und etwas glitschig. Ich konnte es kaum erwarten. Die Kühlung war fantastisch. Ich wollte gar nicht mehr raus. Schwimmen habe ich mich nicht getraut. Aber den Kopf unter Wasser stecken war auch in Ordnung.
Die Temperaturen waren am zweiten Tag immer noch knapp über 30 Grad. Zwar war es nicht mehr ganz so heiß wie am Vortag, trotzdem war die Hitze immer noch anstrengend. In der zweiten Streckenhälfte gab es am Radweg wenigstens immer mal wieder eine Möglichkeit, etwas zu trinken. Die Etappe zog sich. Insbesondere wieder die letzten 40 der 173 Kilometer. Gegen 17:30 war ich endlich in meiner Pension angekommen. Gerade noch rechtzeitig zum Fußballspiel.
Highlight des Tages: Zweifellos das Bad in der Oder.
Tag 3: Geradeaus nach Stralsund
Noch ein heißer Tag. Laut Wettervorhersage erstmal der letzte. Wenn auch nicht mehr gar so schlimm, wie die Tage zuvor. Trotzdem war viel trinken wieder das Wichtigste.
Gut dass der Oder-Neiße Radweg hinter mir war. Es ging zwar wieder hauptsächlich geradeaus. Aber auch mal im Wald und im Schatten und auch wenigstens etwas auf und ab.
In Pasewalk habe ich einen Trink- und Frühstücksstopp an einer Tankstelle eingelegt. Bei der Gelegenheit habe ich den regen Autoverkehr auf der Bundesstraße hinter mir gehört. Kurzfristig bin ich auf eine andere und etwas längere Strecke umgeschwenkt. Konnte dafür aber auf Nebenstraßen fahren. Das war die richtige Entscheidung. Die 18 zusätzlichen Kilometer waren sinnvoll investiert.
Greifswald hat mir gut gefallen. Aber nach Greifswald kam der Hammer: praktisch durchgängig Kopfsteinpflaster bis Stralsund. Die alte Straße parallel zur neuen. Und auf der neuen gab es kein explizites Verbot für Fahrräder. Viel subtiler. Es gab dort Schilder mit Mindestgeschwindigkeit 30. Praktisch das selbe. Fährt man doch auf der Bundesstraße, zeigen die Autofahrer, was sie davon halten. Deutschland eben. Fünf oder zehn Prozent reichen locker für schlechte Stimmung aus.
Das Hotel war dann das erste auf meiner Ostsee-Tour, das einen Corona Test sehen wollte. In Greifswald hätte ich noch einen machen können. In Stralsund war angeblich alles schon zu. Aber das Hotel hatte einen für 10 Euro für mich. So sind die Unterschiede: In Brandenburg hat niemand danach gefragt. In Mecklenburg-Vorpommern ist es die erste Frage.
Highlight des Tages: Der erste Blick auf die Ostsee in Mönkebude. Und der Blick auf Stralsund als das Kopfsteinpflaster endlich überstanden war.
Tag 4: Rügenrunde
Beim Frühstück fing es an zu Regnen. Die Hitze war überstanden. Nach einem etwas ausgedehnteren Frühstück war der Regen auch schon wieder vorbei. Und es war der erste Tag voller Euphorie. Rügen! Kap Arkona! Am Ende blieb von der Vorfreude die Feststellung, dass Rügen nicht wirklich zum Rennrad fahren geeignet ist. Ein beachtliches Netz von Radwegen unterschiedlichster Qualitäten. Leider überwogen auf meiner Tour die mangelhaften. Es gibt erheblichen Sanierungsbedarf. Dazwischen Straßen mit viel Verkehr und gestressten Urlaubern. Highlight meiner Tour war ein platter Reifen genau am Kap Arkona.
Den ganzen Tag sah ich auf meiner Tour Felder und wieder endlos lange gerade Straßen. Das Meer blitzte nur ganz selten mal hervor. Meine Ostsee-Tour auf Rügen hatte ich mir anders vorgestellt. Schön war die Überfahrt mit der Wittower Fähre. Danach war auch der Verkehr eine Weile ruhiger.
Prora hat mich beeindruckt. Faszinierend wie so viele Nazi-Bauten. Es war mir entgangen, dass Prora noch gar nicht fertiggestellt worden war.
Fischbrötchen sollte man essen, schrieb das Magazin Tour. Fast zurück in Stralsund habe ich die erste Bude mit Fischbrötchen gesehen. Lag das an der Streckenwahl oder gibt es wirklich so ein geringes Angebot. Die Strecke aus Tour war jedenfalls nichts besonderes.
Am Ende ist es schön sagen zu können, ich bin schon mal auf Rügen Rad gefahren. Ich bereue es auf keinen Fall. Aber nochmal fahre ich die oder eine ähnliche Tour sehr wahrscheinlich nicht.
Highlights des Tages: Die Wittower Fähre, der platte Reifen am Kap Arkona und Prora.
Tag 5: An der Küste entlang nach Rostock
Ich war irgendwie fehl am Platze mit meinem Rennrad unter all den Touristen mit ihren E-Bikes. Trotzdem, eine sehr schöne Strecke war es. Es ging fast die ganze Zeit entlang der Küste. Mal auf dem Deich, mal hinter dem Deich, dann durch den Wald. Ostsee eben. Und man konnte sie auch wirklich sehen. Frisch war es geworden. Nicht mal mehr zwanzig Grad. Die Armlinge habe ich erst in Warnemünde ausgezogen.
Bei all den mal besseren, mal schlechteren Radwegen fühlt man sich auf der Straße nicht willkommen. Die Radfahrer sind so schön auf ihre Radwege weggeräumt. Und da sollen sie gefälligst auch bleiben. Trotz all der Radwege würde mir das Rennradfahren so auf Dauer keinen Spaß machen.
Genau wie die Tour auf Rügen am Vortag, mußte ich auch die Tour entlang der Küste einfach mal machen. Eine Ostsee-Tour. Ich war noch nie hier! Es war toll an der Küste mit dem Rennrad zu fahren. Aber wiederholen muss ich das wahrscheinlich nicht.
Highlight des Tages: Warnemünde und der Radweg entlang der Küste.
Tag 6: Radwege nach Schwerin
Von Rostock fuhr ich wieder zurück an die Küste nach Heiligendamm. Von dort weiter auf Radwegen immer mit Blick aufs Meer. Es war wenig Verkehr. Ab und zu war ich auf Touristenstrecken unterwegs. Meistens aber ruhiger als die Tage zuvor. Mittagspause machte ich in Wismar nach 75 km. Gyrosrolle beim Pizza-Griechen-Döner-Mann. Kurios. Er ließ sich nicht entlocken, was die eigentliche Heimat war. Wismar gefiel mir gut und war durchaus eine positive Überraschung.
Das Wetter war wieder frisch. Wie am Vortag wollte ich die Armlinge erst gegen Ende der Tour ausziehen.
Highlight des Tages: Das Schweriner Schloss.
Auf Schwerin war ich auf meiner Ostsee-Tour richtig neugierig. Nach einem langen Tag auf dem Rad hatte ich nicht so richtig Lust auf einen Spaziergang durch Schwerin. Einen Rundgang zum Schloß mit einer Blick in der Innenstadt habe ich trotzdem gemacht. Trotz zunächst geringer Lust machte es mir die Abendsonne dann recht einfach.
Tag 7: Wenig Aufregendes auf dem Weg nach Lübeck
Nieselregen am Morgen in Schwerin. Der erste Regen auf der Ostsee-Tour. Aber nur kurz. Wenigstens hatte ich die Regensachen nicht völlig umsonst dabei. Auf Radwegen über Felder führte der Weg wieder zurück an die Küste. Einsame Straßen. Kaum Fotos. Es gab nichts zu fotografieren. Es war immer irgendwie ähnlich. Und ähnlich wie an den Tagen zuvor. Wenig Urlauber sah ich bis Travemünde.
In Travemünde nahm ich die Fähre. Bei einem Bäcker in Travemünde durfte man draußen sitzen mit der Luca-App. Mehr Trubel war dann wieder in Timmendorfer Strand. Und hier waren auch auffallend junge Urlaube an der Ostsee. Ganz anders wie bisher.
Highlight des Tages: Das Holstentor nach der Tour.
Über Bad Schwartau führte meine Strecke zum Ziel nach Lübeck. Radwege in die Stadt wie in einem Dritte Welt Land. Holprige Fußwege, den Gegenverkehr ganz nah, plötzliches Ende, Seitenwechsel. Unfassbar.
Tag 8: Schlußspurt der Ostsee-Tour nach Hamburg
Am letzten Tag ging es ohne wirklichen Höhepunkt über Ratzeburg nach Hamburg. Nur knapp über 100 Kilometer kamen zusammen. Irgendetwas zwischen den letzten Tag in die Länge ziehen und Langeweile wegen der wenig abwechslungsreichen Strecke bestimmte den Tag. Immer mal wieder fragte ich mich, ob ich nicht doch hätte weiterfahren sollen. Den ursprünglichen Plan beibehalten und entlang der Elbe nach Dresden zurückfahren. Aber noch drei weitere, lange und langweilige Etappen fahren. Ich bin sicher, es war richtig. Weniger ist auch mal mehr. Etwas mehr auf Spaß zu setzen statt auf Planerfüllung war richtig. Und Eva freut sich auch. So kann sie Sonntag ihr neues e-Bike schon ausprobieren.
Highlight des Tages: Die Tour um die Außenalster nach der Tour. Toll!
Frühstück in Hamburg
Am Morgen wußte ich: Es war die richtige Entscheidung, die Strecke zu verkürzen. Es war besser, eine Ostsee-Tour zu fahren als eine Ostsee-Elbe-Tour. Zwei Tage mehr mit zwei weiteren langen Etappen mit knapp unter 200 Kilometern hätte ich jetzt noch fahren müssen. Es war nicht mehr heiß. Kraft hätte ich wahrscheinlich noch genug. Aber absolut keine Lust. Da könnte die Elbe schön sein wie sie will.
Rückfahrt von der Ostsee-Tour im IC
Von Hamburg nach Dresden mit umsteigen in Berlin und Bahncard für 50,10 €.