Das Wochenende der Cyclassics 2022 war gekommen. Endlich wieder Cyclassics fahren. Zwei Jahre lang war das größte deutsche Jedermannrennen ausgefallen. Wie so viele Veranstaltungen natürlich wegen Corona. Am 21. August 2022 fanden sie endlich wieder statt.
Anmeldung
Mit meiner Anmeldung hatte ich lange gezögert. Ich wollte eigentlich wieder die 160 Kilometer fahren. Und nichts anderes. Erst als im März feststand, daß es die Strecke nicht geben würde, habe ich mich für die 100 Kilometer angemeldet.
Als wir uns schließlich nach Hamburg auf den Weg machten, war ich ganz froh, daß es nicht die 160 Kilometer waren.
Anreise
Wir fuhren wieder mit dem Zug nach Hamburg. Die Verbindung ab Dresden ist eigentlich super. Eigentlich. Am 7. Juni erhielt ich eine e-Mail der Deutschen Bahn, daß meine Verbindung für die Rückfahrt nicht mehr möglich sei. Was nicht möglich sei, wurde nicht mitgeteilt. Die Verbindung gab es in der Fahrplanauskunft nach wie vor. Zahlreiche Anfragen an die Deutsche Bahn, mir meinen Ticketpreis zu erstatten, blieben ergebnislos. Die Kündigung meiner Bahncard klappte allerdings. Eine Antwort der Bahn nahm zumindest Bezug auf meine Anfrage. Man schlug mir vor, kurz vor Reiseantritt zu prüfen, ob es die Verbindung noch gäbe. Tat ich auch. Sie war da. Alles gut. Wir konnten wie geplant mit dem Zug fahren und das Auto zu hause lassen.
Verspätete Ankunft in Hamburg
In Hamburg kamen wir statt 23:30 erst nach Mitternacht an. Was solls. Das Hotel war zu Fuß vom Hauptbahnhof aus in 10 Minuten erreichbar. Nur noch schnell einchecken und schlafen gehen. „Wir sind überbucht“ hörte ich den Nachtportier sagen. Wie kann das sein? Ich hatte bereits bezahlt und das Hotel auch über die späte Ankunft informiert. Immerhin wurde ein vergleichbares Hotel etwas außerhalb für uns gefunden. Das Rad konnte ich dalassen. Wenigstens für Samstag bekamen wir die gebuchte Übernachtung. Nur sehr spät wurde es, bis wir endlich im Bett waren.
Das Hotel verhielt sich sehr professionell und lud uns zum Hotelfrühstück ein. Einen späten Check-out bekamen wir außerdem. Der half. Ironman hatte ohne Angabe irgendeines Grundes die in der Ausschreibung noch vorhandenen Duschen im Ziel gestrichen. Meine Nachfrage dazu wurde nur bestätigt. Einen Grund erfuhr ich nicht. Nicht mal Corona wurde bemüht.
Die Radmesse
Nach einem sehr guten Hotelfrühstück machten wir uns Samstag Vormittag wieder auf den Weg zurück in die Stadt. Der Umzug in das gebuchte Hotel und die Akkreditierung standen an. Ich war vor allem gespannt, wie groß die Messe sein würde. In Berlin war sie praktisch nicht existent.
Auf den ersten Blick war die Messe fast genauso groß wie vor Corona. Erst auf den zweiten wurde klar, daß sie doch etwas kleiner war. Aber immerhin gab es sie noch. Zu kaufen gab es wieder nichts. Aber daran hab ich mich schon gewöhnt. Verstehe ich nach wie vor nicht, daß die Firmen die Möglichkeiten der anwesenden Zielgruppe ungenutzt lassen.
Ein wunderbarer Samstag
Ziemlich müde von der kurzen Nacht genossen wir das schöne Wetter in Hamburg. Es war wieder wunderbar. Die Reise lohnt sich immer. Ich habe festgelegt, daß Hamburg mein neues Lieblingsrennen ist. Nicht mehr Berlin. Der VeloCity in Berlin war nicht so toll.
Chinesisch essen in der Nähe der Reeperbahn ist auch bei jedem Besuch gesetzt. Die Landungsbrücken sowieso. Und ein Krabbenbrötchen muß auch immer sein. Mit dem 9-Euro-Ticket ging es dann noch auf eine Fährfahrt-Runde. Viele andere hatten die gleiche Idee. Egal. War trotzdem toll.
Am Abend flanierten wir bei bestem Wetter auf den „Cruise Days“ an den Landungsbrücken. Viel zu früh mußten wir den wunderbaren Abend beenden. Wir waren einfach müde und das Rennen war ja auch noch zu fahren.
Start der Cyclassics 2022
Frühstück um sechs Uhr im Hotel. Es waren schon ein paar Radfahrer da. Einer kam sogar mit Rad in den Frühstücksraum. Zum Flaschen auffüllen.
Kurz vor halb acht machte ich mich auf den Weg zum Start. Block A. Alsterglacis. Start war 8:15. Es sah nach vielen Startern aus. Es gab die Startblocks A bis O. Laut den Ergebnislisten waren etwa 10.000 Starter gekommen. Zwar immer noch deutlich weniger als vor Corona. Aber dies ist eine grandiose Zahl. 6.236 starteten allein auf der 100-Kilometer-Strecke.
Glück gehört einfach immer dazu
Alles lief gut. Das Rennen begann deutlich weniger nervös als in Berlin. Auch die Streckenführung war um einiges besser. Es gab nur wenige der ungeliebten scharfen Kurven.
Nach nicht ganz neun Kilometern passierte es dann doch: Ein Fahrer fuhr auf den vor ihm fahrenden auf. Ich konnte es deutlich sehen. Es lag genau in meinem Blickfeld. Es krachte. Alle bremsten. Ich dachte, ich fliege drüber. Konnte aber bremsen. Neben mir stürzte jemand. Er hätte in mich reinfallen können. Ich hatte Glück. Aber hinter mir wurde es eng. Einer konnte nicht genug abbremsen und fuhr auf mich auf. Meine Schaltung war tot. Ich mußte anhalten. War es das? Rennen vorbei? Rückweg zum Hotel? Nein, nur das Kabel der Di2 war ab. Auch das Hinterrad bewegte sich kaum. Verbogen? Ich konnte nichts sehen. Die Bremse war verdreht. Zwei, drei Versuche, dann lief das Hinterrad wieder. Eine große Gruppe kam. Schnell dran und nicht noch mehr Zeit verlieren. Weiter ging es. Glück gehabt.
Das Rennen
Auch die neue Gruppe fuhr noch um die 40 km/h schnell. Aber das nur etwas geringere Tempo war deutlich leichter zu fahren, als in der Gruppe zuvor. Was so ein bis zwei Kilometer Geschwindigkeit ausmachen können.
Die Gruppe lief eine Weile ganz gut. Dann klappte das mit der Führungsarbeit nicht mehr. Ein Fahrer versuchte verzweifelt, Struktur in die Führung zu bringen. Das mißlang kläglich. Plötzlich fuhren die schnellsten aus Block C an uns vorbei. Dranhängen schien unmöglich. Aber es klappte doch. Wir waren wieder flott unterwegs.
Zielsprint Cyclassics 2022
Die Freude stieg, als wir die Klevendeicher Drehbrücke erreichten. Das war für mich wie ein Zeichen, daß wir auf dem Rückweg waren. Der Rückweg fällt mir immer viel leichter. Geht wahrscheinlich jedem so. Ein sehr schönes Stück Strecke. Man fühlte, daß das Meer nahe war. Schnell war Wedel erreicht und man konnte die Elbe sehen.
Jetzt kamen kleine Wellen und der Kösterberg. Die große Gruppe zerfiel. Dranbleiben. An irgendwem. Blos nicht alleine im Wind fahren. Auch kleine Wellen werden schwer, wenn man schon Rennkilometer in den Beinen hat und in vollem Tempo drüberfahren will. Das war happig. Weiter durch die Stadt bis zur Reeperbahn. Die Vorbereitung auf den Sprint um Platz 927 begann. Gehört einfach dazu.
Zielsprint
Hamburg war wieder unfaßbar. Allein für die letzten zwei bis dreihundert Meter lohnt sich die Teilnahme. So viele Zuschauer wie sonst nirgendwo. Sie machten einen Höllenlärm. Jeder in der ersten Reihe trommelte gegen die Bandung. Alle jubelten. Was für eine Zieleinfahrt! Viele Körner hatte ich nicht mehr. Sie waren in den kleinen Hügeln geblieben. Ich war der letzte in meiner Gruppe. Aber abgehängt haben sie mich auch nicht.
Mein Ergebnis
Ich fuhr die 94,8 km in 2:20:40 h. Es wurde Platz 927 von 6.438 Startern und Platz 231 von 1.873 Startern in der Altersgruppe. Eigentlich eine enttäuschende Platzierung. Vor allem im Vergleich zum grandiosen Ergebnis 2018. Angesichts der Umstände war ich aber ganz froh: Ich war nicht gestürzt, hatte ein schönes Rennen und ich war trotz Stopp mit 40,44 km/h noch über der magischen 40 km/h Schwelle geblieben. Außerdem mußte ich etwa vier Minuten anhalten und war nur etwa 14 Minuten langsamer als der Sieger. Das geht. Nächstes Jahr bin ich dann vorne dabei.
Der Sonntag
Unsere Rückfahrt war erst 18:35 Uhr. So hatten wir noch genug Zeit, den Sonntag bei noch mehr Sonne als am Vortag zu genießen. Wieder St. Pauli Landungsbrücken. Dieses Mal vietnamesisches Essen. Nochmal eine Rundfahrt mit der Fähre nach Finkenwerder. Und natürlich Speicherstadt und Hafencity.
Die Rückfahrt
Eigentlich würde ich zur Rückfahrt nur einen kurzen Satz schreiben. Aber dieses Mal wird es mehr. Wie anfangs schon angedeutet: Die Geschichte mit der Deutschen Bahn setzte sich noch fort. Es begann bereits im Hauptbahnhof. Eine Reservierung hatte ich nicht, weil die Bahn zunächst nur von einer „mittleren Auslastung“ ausging. Der Bahnsteig stand aber rammelvoll. Fünf Minuten vor der Abfahrt kam die Durchsage: „Abfahrt heute ausnahmsweise von Gleis 7“ statt von Gleis 5. Kino live. Der ganze überfüllte Bahnsteig stürmte auf die zwei Aufgänge, um auf den Nachbarbahnsteig zu gelangen. Daß der Zug über eine halbe Stunde Verspätung hatte, spielt ja für den Bahnsteigwechsel keine Rolle.
„Fahrt fällt aus“
Im Zug standen wir eine ganze Weile bis sich die Menge endlich verteilte. Meine Angst, der Zug sei überfüllt, bestätigte sich zum Glück nicht. Auf dem Boden sitzend prüfte ich unsere Verspätung. Eine rote Schrift fiel mir ins Auge: „Fahrt fällt aus“: Die Weiterfahrt ab Berlin nach Dresden war gestrichen. Jetzt fand ich auch die Mail, die uns die Deutsche Bahn 16:50 Uhr geschickt hatte. Immerhin gerade noch rechtzeitig vor der Abfahrt. Vielleicht versuchte man uns das auch schon in den früheren Mails mitteilen, wußte nur nicht, sich richtig auszudrücken. Wer weiß. Immerhin kamen wir ja schon mal bis Berlin.
Flixtrain
Da zwischen Hamburg und Berlin das Internet im Zug funktionierte, hatte ich Zeit, die beste Lösung für den Heimweg nach Dresden zu suchen. Die beste Option war Flixtrain. Wir stiegen in Spandau aus und fuhren nach fast einer Stunde Wartezeit mit Flixtrain ohne umsteigen bis Dresden. Es war wieder spät geworden. Aber in Anbetracht der Umstände ist eine Stunde später als geplant ein super Ergebnis. Gut, daß unsere eigenen Betten auf uns warteten und wir nicht auf ein Hotel angewiesen waren.
Das waren die Cyclassics 2022
Wer eine Reise tut, der kann was erzählen. Wir konnten dieses Mal richtig viel erzählen. Viel mehr geht über ein Wochenende nicht. Hamburg ist aber trotzdem für 2023 wieder gesetzt!