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Was um alles in der Welt ist „refraktiver Linsenaustausch“? Es ist eine Möglichkeit, die Altersweitsichtigkeit loszuwerden. Diese ist ein leidiges Thema. Nicht nur beim Rad fahren. Kurzsichtig bin ich seit ich zehn Jahre alt war. Es hat mich nie wirklich gestört. Aber die Altersweitsichtigkeit nervt und schränkt ein.
In einem früheren Artikel hatte ich schon mal eine von vielen Hilfen vorgestellt. Auch in der Roadbike wurden in Heft 08/2022 verschiedene „Sehhilfen“ im Zusammenhang mit dem Radfahren gegenübergestellt. Insgesamt sieben verschiedene Möglichkeiten. Meiner Meinung nach sind sechs davon Mist. Aber eine könnte das Problem tatsächlich lösen: Das Implantieren von Multifokallinsen, der refraktive Linsenaustausch.

Korsika
Auf der Rennradreise nach Korsika wurde ich mit der Idee wieder einmal konfrontiert. Noch nie aber so direkt. Ein Teilnehmer hatte sich die Linsen implantieren lassen und berichtete von seinen Erfahrungen mit der OP. Er erzählte uns detailliert und ehrlich, wie der Ablauf war. Wir bekamen einen guten Einblick aus erster Hand. Ich dachte aber noch nicht wirklich, daß es eine Option für mich sein könnte. Ich schätzte die Risiken für mich als zu hoch ein.
In den letzten Tagen hatte ich etwas Zeit und konnte mich näher mit dem Thema „Refraktiver Linsenaustausch“ befassen.
Worum geht es eigentlich?
Beim refraktiven Linsenaustausch wird die natürliche Linse im Auge durch eine künstliche Linse ersetzt. Dies hört sich erstmal extrem an. Es ist aber ein Rotine-Eingriff, der in Deutschland jedes Jahr ca. eine Million Mal durchgeführt wird (Quelle: Focus). Der Eingriff entspricht der Operation beim grauem Star. Weitere Details zu den verschiedenen Möglichkeiten findet man im gleichen Focus-Artikel. Eine gute Beschreibung der Multifokallinsen fand ich bei der Augenlaserklinik Lohr. Die Vorteile des Femtosekundenlasers werden bei EuroEyes beschrieben.
Die Risiken
Die Risiken sind deutlich kleiner, als ich angenommen hatte. So gibt es zum Beispiel das Risiko der Erblindung wohl eher nur theoretisch. Laut Focus befinden sich echte Nebenwirkungen im Promillebereich. Die Erfolgsquote scheint ebenfalls unglaublich hoch zu sein.
Die Chancen
Die Chancen sind demgegenüber immens. Die Fehlsichtigkeit bleibt dauerhaft korrigiert. Bis ans Lebensende. Brille(n) sind kein Thema mehr. Eingeschliffen, eingeclippt, eingesetzt. Alles nicht mehr erforderlich. Es erscheint mir fast zu gut, um wahr zu sein.
Was ich im Netz gefunden habe
Ein Vorzug des refraktiven Linsenaustausches ist es, daß die künstliche Linse getauscht werden kann (Quelle: t-online).
„Der Femtosekundenlaser ist die neueste Technologie, die einen Hornhautflap erzeugt, und bietet eine höhere Sicherheit. Schnittfehler, wie sie vom mechanischen Mikrokeratom bekannt sind, sind äußerst unwahrscheinlich.“ (Quelle: Ärzteblatt)
„Der Austausch der menschlichen Linse gegen eine Kunstlinse kann ebenfalls als effektives, sicheres, vorhersagbares und stabiles Verfahren zur Korrektur von höheren Ametropien und durch den Einsatz der Multifokallinsen auch für Presbyopien bewertet werden. Die Vorhersagbarkeit liegt im Indikationsbereich in über 80 Prozent bei ± 0,5 dpt.“ (Quelle: Ärzteblatt)
„Komplikationen
Trotz der immensen Erfolge der modernen refraktiven Chirurgie stellt jeder refraktiv-chirurgische Eingriff auch ein Risiko für mögliche Komplikationen dar. Diese können jedoch durch die Einhaltung der Indikationskriterien, den hohen technischen Standard jedes Verfahrens, sterile Operationsbedingungen sowie der wachsenden Erfahrung des Operateurs auf ein Minimum reduziert werden und betragen insgesamt gesehen weniger als 0,5 Prozent.“ (Quelle: Ärzteblatt)
„Mit modernen Lasern liegt heute die Vorhersagbarkeit von LASIK und den Oberflächenbehandlungen im Indikationsbereich in 85 Prozent bei ± 0,5 dpt, in 99 Prozent bei ± 1,0 dpt.“ (Quelle: Ärzteblatt)
Grauer Star
Der Eingriff entspricht der Operation beim grauen Star. Geht man davon aus, daß der graue Star kommen wird, wird die Operation praktisch vorweg vorgenommen. Die positiven Folgen kann man ebenfalls noch gleich mit auf der Habenseite gutschreiben: Längere Lebenserwartung, Vermeidung von Stürzen, geringeres Risiko für Demenz und Depression (Quelle: NDR). Wobei der gleiche Artikel schreibt, daß die Operation keine Alternative zur Gleitsichtbrille sei. Als Grund wird angeführt, daß eine Operation an einem gesunden Auge immer ein Risiko sei. Warum aber warten, bis der graue Star kommt und nicht Vorkehrungen treffen, wenn es einem noch leichter fällt?
Ja oder nein?
Das Thema muß sich erst mal setzen. Nach der ersten Euphorie war ich mir sicher, daß ich es machen würde. Nach der Recherche bin ich doch wieder etwas unsicher geworden. Warum, weiß ich gar nicht so richtig. Ich würde schon gerne die Probleme mit dem Sehen los werden. Wenn ich nicht doch noch kalte Füße bekomme. Und wenn medizinisch nichts dagegen spricht.
Wer hat eigene Erfahrungen gemacht? Wer kann etwas zum Thema beitragen, daß anderen weiterhilft? Das Forum ist eröffnet. Ich würde mich über Input sehr freuen.
New Lenses
12. Dezember 2022 — 14:50
Ich habe es vor einigen Wochen machen lassen und befinde mich noch im Heilungsprozess. (49 j., kein grauer Star, altersbedingte Weitsicht)
Zusammengefasst:
– Kein Spaziergang, wie manche Werbung vermuten lässt (Nahezu schmerzfrei, allerdings psychisch durchaus beanspruchend und insgesamt ein echter Trip. Dauer ca. 15 Min pro Auge)
– Hauptrisiko mM und Gesprächen im Wartebereich nach die Verletzung der Iris (Blendempfindlichkeit)
– Würde auf jeden Fall große Kliniken für diesen Eingriff empfehlen (Bessere Infrastruktur, viel höherer Erfahrungsschatz)
– Die Zerstörung der alten Linse würde ich unbedingt mit dem Femto-Sekunden-Laser (wahrscheinlich mit Aufpreis verbunden) durchführen lassen und nicht herkömmlich manuell. (Haben private Augenlaserkliniken anscheinend nicht. Zumindest nicht die, mit denen ich gesprochen habe)
Fazit:
Wenn das Ergebnis so wird, wie es sich abzeichnet, dann hat diese OP seinen Zweck voll erfüllt und ich bin die lästige Brille(n) los. Bei dem Eingriff an meinem rechten Auge wurde die Iris touchiert (OP Risiko). Einen Effekt merke ich jetzt nicht dadurch, das haben die Ärzte (hier wieder der Vorteil eines großen Klinikums, dass verschiedene Ärzte beteiligt sind) auch so beschrieben. Ich gehe davon aus, dass in einigen Wochen meine Augen alle Sichtdistanzen ohne Brille abdecken.
Ich habe beim zweiten Auge festgestellt, dass man als Patient viel zum Gelingen beitragen kann. Ich war entspannt (da ich wusste was kommt) und nicht verkrampft. Das hat den Eingriff zu 100% gelingen lassen. Bei der ersten OP musste der Operateur mit scharfen Kommandos auf die richtige Verhaltensweise, wie In die richtige Richtung zu schauen etc., aufmerksam machen. Entspannt zu bleiben und damit besser zu kooperieren ist, meiner Erfahrung nach, ein ganz wichtiger Faktor. (Ist allerdings eine richtige Challenge bei aufgeklammerten Auge.. Ist wahrscheinlich einfacher den Col du Tourmalet als Hobbyfahrer ohne Pause hoch zu fahren)
Olaf
12. Dezember 2022 — 18:43
Vielen Dank für deinen Erfahrungsbericht. Ich denke, die OP ist für alle Altersweitsichtigen eine Option. Man muss davon überzeugt sein und sich eben trauen. Um zu einer Einschätzung zu kommen, sind Erfahrungsberichte Gold wert. Vielen Dank!